Kompromisse zwischen Öko-Anspruch und Wirklichkeit – Tipps für ein bisschen mehr Nachhaltigkeit beim Malen

Papier, Pinsel, Farbe, diese Stifte, diese anderen Stifte, vielleicht noch etwas Glitzer…

Malen, Basteln, „anfassbare“ Dinge machen, ist ein Ressourcenintensives Unterfangen.

Der Materialverbrauch ist hoch und häufig hast Du wenig Einfluss auf die Inhaltsstoffe des Künstlerbedarfs.

Wer qualitativ hochwertiges Material mit Umwelt- oder Ökosiegel sucht, wird kaum fündig.

Außerhalb von Stiften für Kinder und Öko-Bastelsets aus Bienenwachs sieht es für den Künstler mit Öko-Anspruch mager aus.

Was also tun?

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So spannen und interessant ich die eigene Herstellung von Farbe finde, es ist unpraktisch ab jetzt jede Farbe selber herzustellen zu wollen. Das Malen mit aus Pflanzen selbstgewonnenen Pigmenten steht sicherlich auf meiner Will-ich-mal-ausprobieren Liste, doch für den Alltag ist das keine Lösung.

Dazu kommt, dass wenn Du länger was von deinen Bildern und Kreationen haben möchtest, gute Materialqualität unumgänglich ist.

Ein Kompromiss zwischen dem eigenen Öko-Anspruch und den Qualitätsanforderungen muss also her.

Um die eigene Lieblingsbeschäftigung zumindest etwas Umweltfreundlicher und weniger Ressourcenverschwenderisch zu gestalten, habe ich hier ein paar Informationen zusammengetragen.

 

Papier – Die Grundlagen

Papierherstellung ist enorm Energie-, Wasser- und Ressourcenintensiv. In Kürze: Für die Faserstoffe wird Holz benötigt und dafür werden Wälder abgeholzt. Der Westeuropäer im Allgemeinen hat schon einen hohen Papierverbrauch, der bei einem Hobby oder Beruf, wie Malen natürlich nur noch steigt.

Recycling -Papier

Ich versuche wo es geht, Papier aus 100% recyceltem Material kaufen. Kopierpapier und Bürobedarf gibt es sogar mit dem blauen Umweltengel, dieses Siegel garantiert nicht nur 100 % Recycling-Papier, sondern erfüllt zusätzlich noch andere Umwelt-Auflagen, wie Verzicht auf Umweltbelastende Chemikalien.

Ein weiteres Papier-Siegel ist das FSC (Forest Stewardship Council ), welches Waldbewirtschaftung nach ökologischen, sozialen und ökonomischen Kriterien kontrolliert, allerdings sind die Anforderungen des FSC für Papierprodukte weit weniger als die Standards des Blauen Enges. Es gibt verschiedene Niveaus u.a. auch FSC Recycled, diese Produkte bestehen zu 100% aus Altpapier.

Skizzenblöcke und Malblöcke gibt es mit FSC Siegel und sogar FSC aus 100% Recyceltem Altpapier, wie z.B.

Bambus – schnell nachwachsender Rohstoff

Die Firma Hahnemühle hat in ihrem Sortiment die Bamboo-Papier Serie, deren Papiere zum größten Teil (meist 90%) aus Bambusfasern hergestellt werden. Bambus gilt als sehr nachhaltiger Rohstoff, weil er schnell nachwächst, kein Dünger bedarf und viel Kohlenstoff speichert.

Die Oberfläche ist zwar etwas weicher, als bei klassischen Aquarellpapier, weshalb es sich nicht für großflächige Nass-in-Nass-Arbeiten eignet, aber ich arbeite gerne mit diesem Papier. Besonders liebe ich es für kolorierte Tintenzeichnungen und großflächige Experimente.

Das Carnet-de-Voyage ist außerdem toll für unterwegs und für Leute, die sich nicht auf ein Medium festlegen wollen. Auf dem Bamboo-Papier funktioniert Aquarell genauso, wie Acryl, Kohl oder (Öl-) Pastell.

Ökomalen - Bamboo Papier

Keilrahmen

Auf den Verpackungen von günstigen Keilrahmen steht meist nicht wo das Holz herstammt. Beim Kauf online, kann man der Produktbeschreibung aber häufig entnehmen, ob Holz aus Europäischen Wäldern genutzt wurde, das ist dann immerhin ein Stückchen besser als aus tropischen Raubbau.

Zum Beispiel bei diesem Keilrahmen.

Farben

Ganz ehrlich, Künstler-Farben, die in irgendeiner Weise ein Umweltsiegel tragen sind praktisch nicht zu finden. Online bin ich auf die Stockmar Aquarellfarben gestoßen. Ich habe die noch nicht getestet, sie sind aber für den Hobbykünstler ‘nen Versuch wert.

Ich kenne die Marke aus meinen Kindertagen, weil meine Mutter immer deren Bienenwachsmalstifte kaufte, die ohne Bedenken versehentlich von jüngeren Geschwistern und Hunden gegessen werden konnten.

Letzten Monat habe ich von einem Leser außerdem den Hinweis auf eine kanadische Firma erhalten (Danke dafür!), die Aquarell und Ölfarben herstellen. http://www.colorsofnature.com

Sie benutzten dafür nur mineralische und pflanzliche Pigmente und habe jegliche toxischen Elemente aus ihren Produkten entfernt.

Das Farbsortiment ist nicht vollständig, aber sie sind auf dem Weg :)

Ökomalen - mit der Natur

 Kleine Kleinigkeiten, die ich so mache

Es ist nicht viel, aber es ist ein Anfang.

Wasser weiterverwenden (nur bei Aquarellfarben)

Das Wasser zum Pinselauswaschen beim Aquarellieren kommt schon seit Jahren danach an die Blumen. Entweder direkt, oder in die Zimmer-Gießkanne. Ich gebe meine Mama daran Schuld, da die mich früher immer dazu genötigt hat das Wärmflaschenwasser an den Ficus im Wohnzimmer zu gießen.

Und nach all den Jahren geht es ihrem und meinem Ficus blendend.

Waschbares Tuch als Mallappen statt Küchenkrepp

Etwas was ich erst seit kurzem mache. Ich frage mich, warum ich da nicht vorher drauf gekommen bin. Statt Küchenkrepp, was ich nach der Verwendung wegschmeiße (und immer nachkaufen muss), verwende ich zum Pinsel abtupfen und –trocknen einen alten Waschlappen. Ich habe einen für Aquarellarbeiten und einen für Acrylarbeiten.

Mein Küchenkrepp-Verbrauch ist seitdem enorm gesunken.

Ökomalen - der wiederverwendbare Mallappen

Keine Einwegpaletten kaufen

Gerade für Acryl und Öl, wo man schon mal große Mengen an Farbe benötigt sind Paletten ein Muss. Im Künstlerbedarf kannst du Einwegpaletten kaufen, aber das ist wirklich nicht nötig.

Wenn du statt einer Dauerpalette, die du regelmäßig reinigst, eine frische unbenutzte Palette verwenden möchtest, dann wühle ein wenig in deinem Müll ;)

Plastikverpackungen und –deckel kannst du ausspülen und verwenden (z.B. von eingeschweißtem Käse, o.ä.)

Ich kenne auch Leute, die sich Backpapier in einen Stickrahmen klemmen und austauschen.

Freilichtmalerei für introvertierte Angsthäschen - Tipps, wie du dich raus traust! | Gesche Santen

Schlussworte

Mir ist schon klar, dass es sich hierbei nur um Nuancen der Besserung geht, aber mir ist das lieber als es gar nicht erst zu versuchen. Natürlich sind Keilrahmen mit Holz, aus europäischen Wäldern, in denen Kahlschlag verwendet wird schlecht, aber immerhin besser als welche aus tropischem Raubbau, oder?

Oder?

Auch bei Kunstbedarf stellt sich die Frage, wieviel persönliche Verantwortung sich der einzelne Konsument aufbürden kann. Wo sind die Grenzen des individuellen Gut-Menschentums erreicht?

Ich weiß es nicht.

Vor die Wahl gestellt versuche ich, die etwas bessere Entscheidung treffen. Neue Routinen und ein paar neue Produkte zu finden.

Wie Kermit es so schön sagte „It ist not easy being green“

Hast du weitere Tipps und Ideen?

Dieser Beitrag hat 10 Kommentare

  1. Alex

    Ein tolles Thema, über das ich bis jetzt noch gar nicht so richtig nachgedacht habe. Ich finde es durchaus nicht übertrieben, sich bei der Kunst über Nachhaltigkeit Gedanken zu machen – wo man einen kleinen Beitrag leisten kann, sollte man das auch tun. Viele Sachen habe ich schon unbewusst so gemacht (z.B. Lappen statt Krepp); das mein Gerstaecker No.5 Papier aus Altpapier gemacht wurde, ist mir auch neu, sieh mal einer an :)
    Vielen Dank für den Denkanstoß!

    1. Gesche

      Hallo Alex, wie cool, dass du gar nicht gemerkt hast, dass das Gerstaecker No. 5 aus Recyclingpapier ist – das zeigt nämlich, dass die alten Vorurteile über „graues-raues“ Recyclingpapier nicht mehr stimmen :)

      liebe Grüße, Gesche

  2. greenderella

    Ich muss gerade über das Kermit Lied schmunzeln. :-D Wo er recht hat…
    Super, dass du dir zu dem Thema so viele Gedanken machst. Ich werde deinen Post mal an meine Eltern weiterleiten, die beide malen (und mir das Gen irgendwie nicht vererbt haben ;-P).

    1. Gesche

      Cool, danke fürs weiterleiten. Vieleicht hat das Gen gar nicht deine Generation übersprungen, und du rebellierst nur ;)

  3. jahreszeitenbriefe

    Fein, nun klappt es mit dem Kommentieren… Danke für die Tipps, Vieles berücksichtige ich schon, vor allem verwende ich konsequent alles anfallende „Altmaterial“… Lieben Gruß Ghislana

    1. Gesche

      Super, danke noch einmal für den Hinweis :)
      Reste aufbrauchen, statt einen Haufen Halbleerer Tuben, Näpfe und Skizzenbücher rumliegen zu haben, ist tatsächlich ein Leistung.
      Lieben Gruß, Gesche

  4. Wiebke

    Sehr toller Beitrag. Ich bin gerade auf der Suche wie ich meine Kunst nachhaltiger gestalten kann und informiere mich bei deinen Tipps weiter. Danke schön dafür ? denn Nachhaltigkeit ist mir in anderen Lebenslagen sehr wichtig, nur in der Kunst weiß ich noch nicht wie ich das mit den Materialien nachhaltiger gestalten lässt.
    Ich wünsche ein tolles Wochenende
    Wiwi

  5. Anna

    Der Link zu den Ölmalfarben funktioniert leider nicht mehr. http://www.colorsofnature.com

    Hast du eine aktuelle Alternative? Ich male viel mit Öl und suche nach nachhaltigen Lösungen.

    1. Gesche

      Hallo Anne, da ich persönlich gar keine Ölfarben verwende, habe ich leider keine aktuellen Infos oder Bezugsquellen.

  6. Ilja

    Wow, das Bamboo-Papier klingt wirklich faszinierend! Besonders interessant finde ich, dass es sich für verschiedene Medien eignet. Ich male sowohl mit Aquarell als auch mit Acryl, deshalb finde ich die Vielseitigkeit einfach toll. Und die Textur muss sehr interessant sein. Ich habe bisher nur herkömmliches Papier benutzt, bin aber durchaus bereit für Experimente. Ich gehe regelmäßig zu Malerei Wiener Neustadt und frage beim nächsten Besuch, ob sie mir helfen können.

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