Wenn Du Dich schon mal mit Aquarellfarben auseinander gesetzt hast, bist Du bestimmt auch über Worte, wie „lasierend“, „Intensität“, „Temperatur“, „Transparenz“ usw. gestoßen.
Dies sind alles Begriffe, die die Eigenschaften von Aquarellfarben beschreiben. Als Anfänger kann einem da ganz schön der Kopf schwirren. Was ist das genau? Was bedeutet das? Wofür muss ich das wissen?…
Wofür muss ich das denn wissen?
Da mir das am Anfang auch so ging, erkläre ich im Folgenden drei grundlegende Charakteristika von Aquarellfarben und zeige Dir an Beispielen, warum dieses Wissen für Dich beim Malen hilfreich ist.
Bevor es aber um Temperatur, Transparenz und Brillanz Deiner Aquarellfarbe geht, eine kurze Einleitung in die Grundlagen.
Aquarellfarben, was sind das überhaupt?
Aquarellfarben sind nicht deckende Wasserfarben. Sie bestehen grundsätzlich aus Farbpigmenten und Bindemittel, meist Gummi Arabicum.
Die größte Besonderheit von Aquarellfarben, und der Grund weshalb sie häufig als schwer zu beherrschendes Medium beschrieben werden, ist die Tatsache, dass es keine Farbe „Weiß“ gibt. Weiße und helle Flächen ergeben sich durch weg- und auslassen von Farbe.
Temperatur – Warme und kalte Farben
Farben könne in kalte und warme Töne aufgeteilt werden. Grundsätzlich gelten blau, violett und einige Grüntöne als kalte Farben. Gelb-, Rot- und Brauntöne hingegen als warme Farben. Dies gilt aber nur im weitesten Sinne. Du kannst auch Farben innerhalb eines Farbtons, z.B. verschiedene Rottöne, in warme und kalte Farben aufteilen.
Es gibt also warmes Rot und kaltes Rot.
Genauso auch warmes Gelb und kaltes Gelb, warmes Blau und kaltes Blau,….
Die Temperatur von Farben ist aber keine Wissenschaft, es gibt keine absolutes richtig oder falsch. Gerade bei Blautönen geht die „gefühlte Temperatur“ von verschiedenen Leuten weit auseinander.
In meinem Beispiel zeige ich zwei Farbkreise mit jeweils den Primärfarben Gelb, Rot, Blau. Der kalte Farbkreis setzt sich zusammen aus Hellgelb Zitron, Karmin und Preußischblau. Der warme Farbkreis setzt sich zusammen aus Kadmiumgelb, Kadmiumrot und Ultramarin.
Warum ist die Temperatur von Farben wichtig für Dich?
Okay, jetzt weißt Du, was die Temperatur von Farben sind. Hast Dich langsam damit abgefunden, dass es in der Farbtheorie kaltes Gelb gibt. Doch wofür brauchst Du das eigentlich?
Tiefe
In der Landschaftsmalerei wird die Temperatur von Farben genutzt um Tiefe zu erzeugen. Je weiter weg ein Landschaftselement liegt, desto blauer und kühler erscheinen sie. Denk einfach an die klassischen „blauen Berge“ im Hintergrund. Warme Farben werden mehr für den Vordergrund verwendet, wie z.B. olivgrünes und ockerfarbenes Gras.
Soweit die Theorie, aber natürlich muss Du Dich da nicht dran halten, hat August Macke auch nicht, und aus dem ist ja auch was geworden ;)
Stimmung
Die Wirkung, die erzeugte Stimmung von Farben unterschiedlicher Temperatur ist unterschiedlich.
Achtung Trommelwirbel: Warme Farben wirken wärmer! Tatdaaa!
Wenn Du also eine offene, freundliche, sonnige Stimmung erzeugen möchtest, greife lieber auf die wärmere Variante eines Tons zurück.
Transparenz
Grundsätzlich sind natürlich alle Aquarellfarben nicht deckend und transparent (, also verglichen mit dem Deckweiß aus dem Tuschekasten), doch untereinander können verschiedene Deckungsgrade festgestellt werden.
Zum einen lasierende, also voll transparente Farben.
Dann halb-lasierende Farben, die noch ziemlich transparent sind.
Dann halb-deckende und deckende Farben, die wenig „Papierweiß“ durchschimmern lassen.
Transparenz testen
Welche Töne transparent sind und welche deckend sind hängt vom jeweiligen Ton ab (Neapelgelb hat beispielweise immer einen kalkigen Anteil und ist demensprechend deckend), aber auch von Hersteller und Marke. Am besten schaust Du auf der Verpackung der Aquarellfarben oder auf der Internetseite des Herstellers nach, um herauszufinden welche Töne bei Dir deckend sind.
Du kannst die Transparenz der Farben die Du hast aber auch testen, indem Du sie systematisch übereinander legst.
Auf meinem Testblatt habe ich eine Grundfarbe, als untere, in einem Balken angelegt. Nachdem diese getrocknet ist, wurde eine Schicht der anderen Farben quer darübergelegt.
Es ist ein deutlicher Unterschied zu erkennen zwischen Farben wie Ultramarin, wo der darunterliegende Farbton durchleuchtet, und Indigo, die die darunter liegende Farbe fast völlig überdeckt.
Aber warum ist die Transparenz wichtig?
Eines der Standardtechniken in Aquarell ist die Lasur. Lasur heißt, dass eine transparente über einer bereits getrockneten Farbschicht gelegt ist, sodass die untere Farbschicht durch die obere hindurchleuchtet. Da durch das Übereinanderlegen von transparenten Farben meist neue Mischtöne entstehen wird Lasur deshalb auch „trockene Vermischung“ genannt.
Dies funktioniert nur, wenn die verwendeten Farben auch dementsprechend transparent sind.
Bilder in Aquarell erhalten häufig ihre Leuchtkraft dadurch, dass unter den oberen Farbschichten, die darunterliegenden noch hindurchleuchten.
Deckende und halbdeckende Farben hingegen, wirken übereinandergelegt eher stumpf.
In meinem Beispiel habe ich zwei Blüten gemalt, die eine in 5 Schichten, mit nur (halb-) lasierenden Farben. Die andere mit (halb-) deckenden Farben.
Bei der Blüte links aus lasierenden Farben scheint auch noch nach der 5. Schicht das Gelb der ersten Schicht hindurch und erhöht die Intensität.
Bei der Blüte rechts aus halb-deckenden Farben sorgt die erste Schicht in Neapelgelb (deckend) eher für eine Abstumpfung der Farbe.
Farbton, Intensität und Brillanz
In der Farbenlehre gelten Gelb, Rot und Blau als Primärfarben, aus ihnen lassen sich die Sekundärfarben Grün, Orange und Violett mischen. Eine Mischung aus den Primär- und Sekundärfarben ergibt dann eine unendliche Anzahl an Tertiärfarben.
Komplementärfarben
Komplementärfarben sind diejenigen, die sich im Farbkreis gegenüber stehen. Als Gelb und Violett, Rot und Grün oder Blau du Orange.
Miteinander gemischt ergeben Komplementärfarben einen Braun-Grau-Ton. Der Zusatz von Komplementärfarben führt also zu einem stumpferen gedämpften Farbton
Brillante Farben
Farben in ihrer reinen Form, ohne Zusatz von keine Komplementärfarben, sind besonders brillant und leuchtend. Dies gilt für die Primärfarben, aber auch für Sekundärfarben direkt aus dem Näpfchen oder der Tube.
Gedämpfte Farben
Gedämpfte Farben entstehen durch die Beimischung von Komplementärfarben. Der Endton wird umso schmutziger und weniger brillant, je mehr Farben man miteinander mischt.
Mischen mit Bedacht
Das Wissen um Komplementärfarben und dem Abstumpfen der Farbbrillanz kannst Du in Deinen Bildern bewusst einsetzen.
Wenn Dir zum Beispiel die fertigen Farben direkt aus Deinem Aquarellkasten zu grell erscheinen, dann kannst Du durch Hinzugeben von der Komplementärfarbe die Brillanz brechen, und einen gedämpften, natürlicheren Ton erzeugen.
Im Gegenzug gilt aber auch: Wenn Du eine besonders leuchtende, brillante Farbe möchtest, dann starte eher mit einem fertigen Ton aus deinem Kasten oder Tuben. Denn je mehr Farben Du miteinander mischst, desto stumpfer wirkt die Farbe.
Beispiel Grüntöne für Blätter
Dies sind ganz simple Darstellungen, machen aber deutlich, wie Du Dein Wissen um Intensität und Brillanz nutzen kannst.
Das Blatt links ist mit Grüntönen gemalt, denen jeweils eine kleine Menge der Komplementärfarbe Rot beigemischt wurde. Das Blatt rechts wurde direkt mit den Farben Maigrün und Brillantgrün gemalt, ohne Zusatz einer Komplementärfarbe.
Das linke Blatt ist viel gedämpfter, eine Farbkombination, die vielleicht an unseren Herbst erinnert. Das Blatt rechts ist grell und brillant, und wirkt etwas künstlich, oder tropisch.
Zusammenfassung
Wissen um die Transparenz, Temperatur und Brillanz von Deinen Aquarellfarben ist wichtig, denn nur so kannst Du sie gezielt einsetzten. Nur wenn Du weißt, welche Deiner Farbtöne deckend sind ersparst Du Dir den Ärger, beim vergeblichen Versuch mit ihnen eine leuchtende Lasur herzustellen.
Die Kenntnis über die Temperatur der Farben, hilft Dir bewusst Stimmung und Wärme in Deinen Bildern zu erzeugen. Und wenn Du verstehst, wie Komplementärfarben die Brillanz des Farbtones schwächen, kannst Du dies bewusst einsetzten.
Auf die Frage „Muss ich das denn wissen“, würde ich mit „Ja, aber…“ antworten. Denn es gilt:
Probieren geht über studieren
Spaß haben und einfach mit den Farben auf dem Papier spielen bringt Dich weiter als Theoriebüffeln Dich jemals bringen wird.
Die hier beschriebenen Dinge sind zwar hilfreich und nützlich zu wissen, aber es gibt kein absolutes richtig oder falsch. Probiere Dich einfach mal aus und lasiere was Dein Herz begehrt.
Was sind Deine größten Fragen und Probleme bezüglich Aquarellfarben?
Schreibe ein Kommentar oder eine Email an info@geschesanten.com.
Wow, danke für die vielen Infos! Mir schwirrt ein bisschen der Kopf,aber dagegen gibst Du ja selbst am Schluss den besten Rat: Einfach mal alles ausprobieren ;-)
Stehts zu diensten für Kopf-schwirren ;) und viel Spaß beim Ausprobieren.
Ein sehr informativer Post, super erklärt und wirklich hilfreich!
♥lich Claudia
Hallo Claudi,
da ist mir vor lauter Arbeit letzte Woche deine Kommentare hier doch glatt durch die Lappen gegangen :) Danke, und freut mich, dass du sie hilfreich fandest. Ist immer gut zu hören/lesen.
Liebe Grüße,
Gesche