Wir alle wissen, dass es uns „gut tut“ gesund zu essen und regelmäßig moderat zu bewegen. Uns ist schon bewusst, dass das krumme Sitzen am Computer nicht wirklich gegen Nackenschmerzen hilft oder, dass die Chips uns jetzt nicht wirklich satt machen werden.
In Bezug auf meine Kreativität habe ich auch einen Haufen schlechter Angewohnheiten und ständig verschobener guter Vorsätze.
Zwar bin ich überzeugt davon, dass kreative Energie oder auch malerische Ideenschübe in Wellen kommen und gehen. Mal kannst Du vor toller Ideen und Tatendrang nicht an dich halten, mal sitzt Du mutlos und funkenlos da und kaust an Deinem Bleistift.
Jedoch es gibt eine Menge an Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die helfen einfallsreich am Ball zu bleiben.
Hier sind fünf meiner besten Gewohnheiten, die meine Kreativität und Fantasie in die Schwünge bringen, und die ich trotzdem leider viel zu selten tue.
1. Regelmäßig (!) mein Skizzenbuch füllen
Also nicht nur, wenn mir danach ist, sondern kompromisslos jeden Tag (oder zumindest jedes Wochenende). Zeichnen üben ist unglaublich hilfreich, und erleichtert einem das zukünftige Malen ungemein. Aber nicht nur deshalb sind Skizzenbücher unersetzbar wertvoll.
Im Zeichenprozess passiert etwas. Der Akt von Stift auf Papier lockert Gehirnregionen, von denen Du gar nicht wusstest, dass Du sie hast.
Häufig denke ich, ich wisse gar nicht, was ich zeichnen will. Dann fange ich einfach an, dass zu kritzeln, was ich auf meinem Schreibtisch sehe. Oder ich beginne zunächst mit zwei runden Kreisen, setzte Pupillen dazu und teste einfach was für ein Tier oder Monster dabei raus kommt.
Wenn ich auf Zeiten zurückblicke (zum Beispiel Herbst-Winter 2014) in denen ich regelmäßig eine Skizzenbuchseite gefüllt habe, kann ich sehen, wie viele dieser Spinnereien und Spielereien später auf großformatigen Bildern gelandet sind.
Der Kormoran war zunächst nur eine Übung aus einer Laune heraus, nach dem ich bei einer Zugfahrt entlang des Rheines lauter Kormorane auf Baumstämmen habe sitzen sehen.
Später wurde eine Tintenzeichnung draus.
Auch die Idee zu Bodo, dem Dachs in seinen bunten Vogelfärbungen ist mir beim wilden herummalen gekommen.
Wildes Herum-Malen ist auch ein super Stichwort für Punkt zwei:
2. Malen ohne Endprodukt im Kopf.
Viel zu selten gebe ich mir den Freiraum einfach drauflos zu malen – ohne, dass ich mir vorher Gedanken darüber mache, was ich mir als Ergebnis wünsche.
Das ist wichtig, damit ich nicht enttäuscht bin von dem Bild, was da am Ende raus kommt. Wenn das Ziel ist „Spaß beim Malen zu haben und mich von der Farbe einer bestimmten Flechte inspirieren zu lassen“, dann bin ich nicht enttäuscht, wenn das Endergebnis nicht aufhäng- oder Online-Portfolio würdig ist.
Dabei sind die Ergebnisse so häufig total schön und verträumt- egal welches Medium
Hier habe ich mit Acrylfarbe gespielt. Ich wusste wirklich nicht wo rauf das hinaus laufen sollte. Das schöne bei Acryl ist ja, dass man einfach eine neue deckende Schicht drauf setzen kann, wenn einem das Ergebnis nicht gefällt.
Irgendwann habe ich die Pinsel beiseitegelegt und nur noch mit den Finger die zähe Farbe hin und her geschoben, bis ich das Ergebnis stimmig fand.
Aus einem einfachen ziellosen Experiment ist ein Bild geworden, das mich total beruhigt und berührt.
Im Moment steht es mitten im Umzugschaos auf der Fensterbank gegenüber meines Schreibtisches, schön im Blickfeld.
3. Free Writing – freies Schreiben
Free Writing oder freies Schreiben ist eine Technik, bei der Du Stift zu Papier nimmst und einfach drauflos schreibst. Wichtig dabei ist, nicht darüber nachzudenken was Du schreiben möchtest, sondern die Gedanken direkt vom Kopf in den Stift fließen zulassen.
Auf diese Technik gestoßen bin ich in dem Buch von Julia Cameron (Der Weg des Künstlers). Sie nennt das dort Morgenseiten und empfiehlt gleich morgens nach dem Aufwachen zu schreiben. Einfach seine Wünsche-Träume-Hoffnungen und seinen Gedanken-Müll auf Papier zu bannen.
Aber ich sehe das nicht so eng, lieber am Nachmittag oder abends schreiben, als gar nicht. Und, wenn du lieber Tippen möchtest ist das auch okay.
Häufig ist der Anfang das Schwerste. Meistens beginne ich mit Sätzen wie „Ich weiß nicht was ich schreiben soll…“ oder „Lange nichts geschrieben – hier bin ich also wieder“
Je nach Stimmung folgt mal ein zweiseitiger Monolog indem ich jede Stelle in meinen Körper aufzähle, die mir wehtut und das war’s dann. Manchmal schließen sich dem ganz von selbst Erkenntnisse an, von denen mir gar nicht bewusst war, dass ich sie hatte.
Manchmal sind es grammatikalisch und inhaltlich wirre Textfetzen. Manchmal entsteht wie von selbst ein strukturierter Text, den ich fast eins zu eins in einem Blog-Post übernehmen kann.
Ich kann jedem nur empfehlen, es mit dem Free Writing mal zu versuchen – Du wirst erstaunt sein, was für Gedanken so in Deinem Kopf rumschwirren.
4. Bildschirmpausen
Ja, ich bin viel und gerne draußen. Da bin ich ohne Laptop unterwegs und befinde mich meist in Handy-Netz freien Zonen. Aber sehen wir der Wahrheit ins Gesicht:
Wenn ich nicht draußen bin, bin ich vorm PC.
Entweder arbeite ich – das mache ich am Computer. Oder ich recherchiere für einen Blogartikel, (z.B. vegane Inhaltsstoffe von Kunstbedarf), dann mach in das Online.
Entweder ich male etwas mit einem Referenzfoto auf meinem Bildschirm. Oder ich male frei, aber der Laptop steht aufgeklappt daneben, weil der ja die Podcast abspielt.
Ich mache‘ ne Pause und lese ein paar interessante Blogs auf meinem Smartphone. Oder ich gucke alle Veronica Mars Folgen zum hundertsten Mal von ganz vorne bis ganz zum Schluss durch – am großen Bildschirm natürlich.
Ihr seht, wenn ich zu Hause bin, ist der PC an und leuchtet mit seinem heimeligen Licht in meine Richtung.
Dabei weiß ich genau, dass es mir gut tut, wenn ich gelegentlich wirklich Ruhe habe. Wie wichtig es ist meinem Gehirn Pausen zu geben um Raum zu haben auch mal selbst zu denken.
Ständiges digitales berieseln lassen ist eindeutig eine meiner größten kreativen Fallgruben.
Bewusstes Ab- bzw.- Ausschalten im Moment nur ein guter Vorsatz.
5. Auf das Mindset achten, bevor ich zu malen beginne
Es ist unglaublich hilfreich, wenn ich mir VOR Beginn eines neuen Bildes (besonders, wenn das Bild „auch etwas werden“ soll), Gedanken über meine innere Haltung oder auch mein Mindset mache.
Einfach einen Moment innehalten und hineinhorchen. Bist Du angespannt? Warum hast Du dieses Motiv gewählt? Was ist Deine Intention?
Auch interessant: Intentionen setzten beim Skizzenbuchstart
Wer mich an einem guten Tag beim Skizzieren und malen beobachtet, könnte denken, ich sei etwas durchgeknallt (also mehr als erwartet).
Ständig ziehe ich Grimassen, Lächele scheinbar ohne Grund und nehme seltsame Körperhaltungen ein. Ich bin der zufriedene verträumte Dachs, der auf seinem Hintern auf der Wiese rumrollt.
Einen fröhlich springenden Fuchs malen, sodass das Endergebnis stimmig wirkt, ohne selbst fröhlich zu springen (also innerlich zumindest)- für mich unmöglich.
Leider vergesse ich diese wertvolle Sekunde der Reflexion viel zu oft. Statt an die Gefühle des Bildes zu denken oder daran warum ich das Motiv liebe, rücken andere Gedanken in den Vordergrund.
Gedanken an meinen Zeitplan – „ Das muss ich heute malen, wenn ich das Motiv noch diesen Monat auf dem Blog haben möchte, schließlich bist du das ganze Wochenende unterwegs.“
Gedanken an die Wünsche und Vorstellungen anderer Menschen – „ So-und-sos Lieblingsblumen sind Glockenblumen, wäre also super, wenn diese Glockenblume gut genug zum Verschenken wäre.“
Sowas ist natürlich nicht besonders entspannend. Und meist werden die Bilder dann auch nicht so schön. Man (oder ich zumindest) sieht ihnen die Verspannung an.
Etwas geht verloren.
Der Zauber fehlt, die Initiale Begeisterung, die mich ursprünglich dazu gebracht hat dieses eine bestimmte Bild überhaupt malen zu wollen.
Gerade als jemand, der zu Nervosität und Anspannung neigt (hallo Panikattacke), bemühe ich mich vor dem Malen bewusst tief durchzuatmen. Meine Schultern zu entspannen und was Angenehmes zu denken.
An die Pflanzen, die ich zu wundervoll finde. An die schöne, artenreiche Wiese, wo ich sie entdeckt habe. An die Freude des lieben Menschen, wenn er mein Glubschaugen-Tierchen zum ersten Mal sieht….
Schließlich ist Malen eine meiner größten Freuden, ein Grund also liebevoll dabei mit mir und dem Prozess umzugehen.
Was sind Deine Gewohnheiten und Tricks, um Deine Kreativität frisch zu halten?
Und, hältst Du Dich auch an deinen eigenen Rat?
liebe gesche,
wieder ein wunderbarer beitrag. danke für deine vielen worte und ideen.
mein (unausgesprochener) kreativplan ist es, einfach jeden tag auf irgendeine weise kreativ zu sein. meist geschieht das ohnehin, weil es mein job ist. aber auch das kritzeln auf dem einkaufszettel oder das legen von mustern aus stöcken, blüten und gras im park gehören dazu. einfach ohne großen plan, ohne ziel. und ganz wichtig: ohne zwang. das bringt so was von gar nichts! dann schlägt man sich stunden herum – ohne ergebnis. lieber einen tag warten… dann hat man oft binnen ganz kurzer zeit ein viel besseres ergebnis. manche tage sind einfach nicht dazu gemacht, etwas zu vollenden. dann ruhen seele und kreativität sich aus.
ich grüße dich ganz herzlich!
doro K.
Liebe Doro,
vielen Dank für das schöne Kommentar – ein toller Start in den Tag :) Du hast recht, Zwang ist der Feind der Kreativität – es ist aber erstaunlich wie schnell man wieder in diese Denkmuster reinrutscht.
Und neben Farbe auf Papier, gibt es noch so viele Möglichkeiten kreativ zu sein: Zum Beispiel aus den Resten im Kühlschrank ein wirklich leckeres Mittagessen zusammenschustern :)
herzlich liebe Grüße zurück,
Gesche
Eine interessante und schöne Aufstellung. Die Punkte kann ich so oder ziemlich ähnlich auch auf mich anwenden. Leider vergesse ich das oft im alltäglichem Leben.
Danke für die Erinnerung!
♡liche Grüße Claudia
Hallo Claudia,jaja, man ist so klug und weise…wenn man sich nur immer daran denken würde :) Ich schreibe diese Blogpost ja auch vor allem, um mich selbst zu erinnern.
liebe Grüße, Gesche
Liebe Gesche, dein Blog ist ja wunderschön!! <3 Da muss ich mich nach Feierabend noch mal ausführlicher mit beschäftigen – gerade auch mit deinen Vegan-Tipps.
Zum Artikel, witzig, ich sitze gerade an einem ähnlichen Thema – Routine(n) für Kreativität – und finde besonders das kompromisslose "Ich mach' jetzt was, auch wenn mir nicht danach ist" unheimlich wichtig. Einfach hinsetzen und anfangen. Auch gerne ohne Ziel. In meinem Art Journal entstehen dann manchmal Seiten, die mich selbst überraschen – so wie dein tolles Acrylbild!
Bin bei dir jetzt bestimmt öfter zu Gast!
Liebe Judith, das freut mich natürlich zu hören.Danke. Ich habe mir deinen Blog auch in den Leser gespeichert :) Finde auch das anfangen, egal wie, total wichtig ist, und sich nicht vorher schon durch seine eigenen Erwartungen unter Druck setzten!
viele liebe Grüße,
Gesche
Hallo Gesche!
Erstmal danke für die Tipps.
Mich hemmt der Gedanke „Du solltest etwas Kreatives machen“ – also nichts abmalen (d.h. keine Fotovorlage)… Eigentlich ziemlich dumm, weil ich am Anfang so gut wie nie kreativ bin und nur frustriert rumsitze. Ich werde erst richtig kreativ, wenn ich schon etwas arbeite und mich auf das Motiv eingelassen habe…
LG Ava
Hallo Ava, es gibt dieses Zitat, was Picasso zugesprochen wird: „Inspiration existiert, aber sie muss dich bei der Arbeit finden.“
Ich finde, das stimmt total! Egal ob Abmalen, oder irgendein Motiv zeichnen, Hauptsache wir fangen an und bringen unsere Kreativität in Schwung :)
Herzliche Grüße,
Gesche
Liebe Gesche
Leider lieg ich grad flach und hab schlimme Rückenschmerzen. Nicht nur das es wehtut , nein ich kann nix machen und das ist echt richtig doof. Nun versuche ich trotz des blöden Schmerzes doch a bissl rum zu kritzeln. Und natürlich lass ich mich von den digitalen Medien anlocken. Aber wie du schon sagst, das hemmt oftmals den eigenen kreativen Geist und dann bin ich oft so frustriert und durcheinander, dass ich garnicht mehr weiss was ich malen soll. Also kann ich deinen 5 Tips sehr wohl Recht geben. Ich denke ich werd versuchen etwas entspannter an die Dinge ranzugehen. Vielen Dank
Grüsse Alexandra