Oder: Blattnerven ohne Nervenzusammenbruch
Hast du auch Probleme realistisch aussehende Blätter in Aquarell zu malen?
Sehen deine Blattvenen immer aus, wie Fischgräten oder das ganze Blatt wirkt irgendwie platt?
Als ich vor fast 10 Jahren mit botanischer Malerei begonnen haben, hatte ich ähnliche Probleme. (Die du dir im Video anschauen kannst!)
Dieser Leitfaden hilft dir deine Techniken gezielt zu verfeinern und typische Stolpersteine, die ich bei mir und meinen Kursteilnehmer:innen sehe zu vermeiden, sodass du auch schöne, realistische Blätter in Aquarell malen kannst.
Am Beispiel von der Knoblauchrauke führe ich dich durch den Prozess des Skizzierens, Mischens und Malens.
Wenn du mein Motiv malen möchtest, kannst du dir hier kostenlos das PDF mit Fotos und der Zeichnung als Vorlage herunterladen.
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Am Ende von diesem Post gibt es außerdem ein zweitstündiges Video vom Malprozess in Echtzeit.
Im ersten Schritt zeichnen wir das Blatt
Dabei lege ich immer zuerst die Länge, den Winkel und die Krümmung der Mittelvene (vom Blattstiel bis zur Blattspitze) fest. Dann die linke und rechte Außenkante. Erst wenn diese Grundform stimmig aussieht, zeichne ich Details, wie die Zähne am Blattrand.
Dann beobachte ich genau, wie die Blattvenen verlaufen. Treffen sie alle an einem Punkt zusammen? Haben sie regelmäßige oder unregelmäßige Abstände?
Stolperstein: Wenn du die Blattvenen zu exakt, zu gerade, zu perfekt einzeichnest, wirkt das Blatt am Ende steif und unecht. Tatsächlich haben die wenigsten Blätter ganz glatte Blattvenen ohne kleine Knicke und Mini-Kurven.
Eine „tattrige“ Hand sorgt meist für ein realistischeres Ergebnis, als ein perfekt glatt gezogener Strich!
Wenn du meine Motive als Vorlage nutzen möchtest kannst du dir das PDF am Seitenende herunterladen.
Im zweiten Schritt mischen wir das Grün
Ich mische meine Grüntöne immer selbst an. (Mehr dazu in diesem Blogpost übers Grün Mischen: Der Grüne Faden)
Dafür benutze ich eine Kombination aus verschiedenen Gelb- und Blautönen. Außerdem ist Phthalogrün (PG7) eine perfekte Grundlage für natürliche Grüntöne.
Selbst im Frühling, wo das Grün wirklich noch sehr frisch ist, wirken viele Grüntöne aus nur gelb und blau/Phthalogrün viel zu quietschig und grell. Darum mische ich immer noch einen Hauch Rot ( z.B. in Form von Magenta PR122 oder Echt-Rot PR242) in die Grünmischung.
Für das Knoblauchsraukenblatt verwende ich: Phthalogrün PG7, Echtgelb hell PY155 und Echt-Rot PR242.
Wenn du mehr Unterstützung beim Mischen von natürlichen Farbtönen für botanische Aquarelle möchtest, dann melde dich für meinen Durchstarter Workshop für Anfänger an.
➡️ Hier mehr über die Durchstarter Techniken Workshops erfahren.
Stolperstein: Grüntöne, die fertig gemischt aus dem Napf kommen, sind auch nichts anderes als ein Mix aus einem blauen und einem gelb-orangem Pigment. Wenn du verschiedene vorgemischte Grüntöne miteinander kombinierst, für z.B. Hellgrün und Dunkelgrün passen diese nicht immer harmonisch zueinander. Wenn du sie miteinander kombinierst, hast du außerdem wenig Kontrolle über das Ergebnis, weil du nicht weißt, welche Pigmente genau drin sind.
Im dritten Schritt bekommt das Blatt eine erste helle Lasur
Damit wir das weiße Blatt Papier so schnell wie möglich überwinden, bekommt das ganze Blatt eine helle Farbschicht. Dafür verdünne ich die hellgrüne Farbmischung, sodass sie recht wässrig (, eher wie Tee, als Milch) ist.
Stolperstein: Wenn du bei dieser ersten Farbschicht zu dunkel anfängst, dann hast du am Ende Schwierigkeiten die Schatten im Kontrast dunkel genug zu bekommen. Im Zweifelsfall immer zu hell, als zu dunkel starten.
„Mapping out“ die Blattvenen (Eine zweite Farbschicht in Schritt vier)
In diesem Schritt stellen wir unsere mit Bleistift eingezeichneten Blattvenen dar, indem wir sie aussparen, also die Blatt“zellen“ zwischen den Blattvenen mit Farbe versehen. (Worte beschreiben diesen Prozess wirklich schlechter, als das Video!)
Die Farbmischung ist etwas konzentrierter, also bei der ersten Schicht, lässt aber noch Luft nach oben, um dunklere Schatten zu malen.
Beim Malen der zweiten Schicht achte ich nicht nur auf die Form der Blattzellen zwischen den Blattvenen, sondern auch auf die Farben.
- Ich achte auf der Ebene des gesamten Blattes darauf, wo mehr Schatten ist und benutzte dort ein dunkleres Grün
- Ich achte auf der Ebene der einzelnen Blattzellen darauf, wo die Licht- und wo die Schattenseite der einzelnen Blattzellen ist.
Die Blattzellen sind wie kleine Hügel zwischen Blattvenen mit einer deutlichen Schattenkante, die hier unten-rechts liegt.
Wenn du mehr Unterstützung beim Lasieren und sanften Verstreichen von Aquarellfarben möchtest, dann melde dich für meinen Durchstarter Workshop für Anfänger an.
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Stolperstein: Es ist nicht ganz einfach einerseits nicht die Blattvenen direkt ein zu malen, sondern die Blatzellen zwischen den Venen, und andrerseits den Verlauf, die Kante der Blattvenen zu erhalten. Darum ist es wichtig, dass du bei nebeneinander liegenden Blattzellen darauf achtest, dass die Kanten eine klare Linie (entlang der der Blattvene) bilden.
Außerdem die Blattzellenform nicht vorher mit Aquarellfarbe umranden und dann erst ausmalen, denn die angetrocknete Linie wird auch später noch sichtbar bleiben.
Eine dritte Farbschicht für mehr Schatten und Details in Schritt fünf
In der dritten Schicht passieren zwei Dinge
- Wir etablieren eine weitere Ebene an Blattvenen. Unterteilen also größere Blattzellen in kleinere Einheiten an Blattzellen mit ausgesparten Venen dazwischen.
- Wir verstärken die Schatten (und damit indirekt die Lichtpunkte) jeder Blattzelle.
Zwischen den Blattvenen sitzen die (von mir so genannten) Blattzellen wie kleine Hügel. Bei der Koblauchrauke ist es extrem ausgebildet, aber bei jedem Blatt gibt es innerhalb des Blattes auf der Blattoberfläche eine Struktur, die für Licht- und Schattenbereiche sorgt. Diese Wiedergabe der tonalen Unterschiede ist das, was ein Aquarell von ok zu wow bringt!
Stolperstein: Es ist verlockend jede Blattzelle und jede noch so kleine Blattvene mit dem gleichen Level an Detail und Schatten zu versehen. Doch tatsächlich ist hier mehr nicht mehr, sondern weniger.
Wenn du dir das Schwarzweiß-Foto von unserem Blatt einmal ansiehst, kannst du bemerken, dass einige Blattvenen (, die die wir als erstes gemalt haben,)einfach deutlicher hervorstechen, als kleinere dazwischen.
In der dritten Schicht ist es deshalb wichtig nicht allen Blattvenen und -Zellen de gleiche Stärke an Schatten zu verpassen. Stattdessen noch einmal darauf achten, wo der Schatten besonders stark ist und dort mehr dunkle Farbe setzten.
Blattvenen und -zellen, wo der Kontrast im Schwarz-Weiß-Foto gering ist, können fast vernachlässigt werden.
Schritt 6: Letzter Schliff – Highlights anpassen
Jetzt heißt es erstmal trocknen lassen, frischen Tee aufbrühen, etwas Abstand zum Bild gewinnen. – Denn wir wollen in einem letzten Schritt beurteilen, ob die Licht-Schatten- und Mittleren Tonbereiche zusammen passen.
Häufig stelle ich an dieser Stelle fest, dass die großen Blattvenen, wo noch die erste Schicht frei steht, zu hell ist und seltsam heraussticht. Wenn das der Fall ist, mische ich mir noch einmal einen stark verdünnten (Konsistenz wie Tee!) Hellgrünton an. Mit dieser Farben gehe noch einmal über die zu hellen Blattvenen, um diese etwas anzupassen.
Du kannst in diesem letzten Schritt auch noch einmal Schatten verstärken, oder Lichtpunkte vorsichtig abheben. Ich male hier aber wirklich nur noch millimeter kleine Stellen.
Dann ist unser Blatt fertig!
Ich hoffe, dass dir dieses Tutorial gefallen hat und du einige nützliche Techniken und Tipps für dein eigenes Malen von Blättern mitnehmen konntest.
Vergiss nicht, dass Übung den Meister macht, also nimm deinen Pinsel, deine Aquarellfarben und probiere es einfach mal aus.
Wenn du Fragen hast oder Hilfe bei deinen eigenen Bildern benötigst, zögere nicht, einen Kommentar zu hinterlassen. Ich freue mich immer über Themenideen für zukünftige Videos.
Ich würde auch gerne deine gemalten Blätter sehen, also teile sie gerne auf Instagram mit dem Hashtag #GemaltesHerbarium und verlinke mich mit @geschesanten