Ich werde von Kundinnen und Leserinnen gerne gefragt, wie ich denn diese oder jene Blume malen würde.

Verständlich, aber, wenn ich nicht zufällig genau das Motiv schon mal gemalt habe, ist meine Standardantwort immer ein fröhliches:

„Weiß ich nicht, aber probieren wir es doch einmal aus!“

Genau, ich weiß es auch nicht.

Dann starte ich mit einer Studienseite.

Viel zu häufig sehe ich bei Malkursen im allgemeinen und botanischen Malkursen im Speziellen, dass beigebracht wird, wie man Motiv A malt, und Motiv B, und C, usw. Aber keineswegs gezeigt wird, wie man lernen kann selbst jedes Motiv, jede Pflanze, jede Blüte zu malen

Denn, irgendwann ist immer das erste Mal. Du wirst nicht immer zu allen deiner Wunschmotive das passende Tutorial in genau dem richtigen Medium und Stil im Internet finden! 
Viel besser ist es also, wenn du lernst, wie du dir selbst die Darstellung eines Wunschmotivs erarbeitest.

Und genau darum liebe ich Studienseiten.

Studienseiten

Auch wenn man die nötigen Kenntnisse im Zeichnen und in Aquarell hat, kann einem die Vorstellung eine ganze Pflanze zu malen schon überwältigen. Wo fange ich an? Wie kriege ich das so hin?

Eine Studienseite ist eine Übungsseite, sie kann auf einzelnen Papierbögen, aber auch im Skizzenbuch angefertigt werden. Auf dieser Übungsseite notierst du alle Merkmale und Herausforderung, eines Motives und probierst aus, wie du diese am besten darstellen kannst.

Statt dich von allen Details überwältigt zu fühlen, dekonstruierst du deine Pflanze in Einzelteile untersuchst sie getrennt. So zum Beispiel, Blüten und Blattformen, Farben, und Oberflächenstrukturen, wie Muster oder Blattvenen.

Alles, was dir schwierig vorkommt wird erst einmal einzeln gezeichnet und gemalt.

Eine Studienseite vor jedem botanischen Aquarell ist natürlich nicht zwingend notwendig. Die Vorüberlegungen, die dabei getroffen werden erleichtern dir jedoch das Malen.

Das kann von Motiv zu Motiv, von Pflanze zu Pflanze unterschiedlich sein. Ich gehe meist wie folgt vor:

• Wie sind die Blüten und Blätter geformt (einzeln Zeichnen)
• Wie sind die Licht- und Schatten-Verhältnisse ? (Tonwertstudie)
• Wie erreiche ich die Farben (Mischen)
• Was sind die Muster, Oberflächenstrukturen und Eigenheiten des Motives, und wie male ich das in Aquarell?

Wie erstelle ich eine Studienseite

Hier gibt es keine harten Regeln. Richtig ist das, was dir später hilft!

Meist starte ich mit ein paar Zeichnungen aus verschiedenen Perspektiven. Danach erstelle ich eine tonale Studie, in der ich mir nur (grob) Gedanken über die Licht- und Schattenkontraste und -Übergänge mache, ohne mich von der Farbe oder dem Muster ablenken zu lassen.

Auch das Mischen des passenden Farbtons nimmt manchmal so seine Zeit in Anspruch. Beim kriechenden Hahnenfuß habe ich beispielsweise getestet, wie ich die Schatten und Kontraste der Blüte am besten darstelle, ohne dass die Blütenblätter grau wirken. Wichtig ist hier, dass ich mir die verwendeten Farben aufschreibe, damit ich es nachher auch nachmalen kann. Dann teste ich, wie ich die besondere Oberflächenbeschaffenheit des Motives am besten darstelle, also den Butterglanz beim Hahnenfuß, das Muster bei der Schachblumen oder die zarte Knittrigkeit beim Mohn.

Studienseiten sind toll, sie helfen dir beim Loslassen von Erwartungen, denn es gibt keinen Druck ein „richtiges“, „gutes“ oder gar „perfektes“ Bild zu liefern

Sie verwandeln das Risiko vom „Vermalen“ und Fehler machen in Neugierde und Experimentieren um!

Außerdem muss das Motiv nicht komplett gemalt werden. Einzelne Bereiche reichen aus, wenn Zeit oder Muße gerade nicht reicht.

Genau deshalb gibt es in der Wildblumen in Aquarell Akademie ein extra Modul zu Studienseiten und auch in den Live Workshop erstellen wir immer mal wieder welche.

Denn so lernst du nicht nur die Anleitungen nachzumalen, sondern selbstständig eigene botanische Motive zu entdecken und in Aquarell festzuhalten.