*aktualisierte Version von Juni 2019*
Die Bäume sind grün und der Himmel (meist) blau. Und, wie jedes Jahr erreichen mich Fragen, wie man denn dieses Grün im Allgemeinen und Blätter im Speziellen bloß in Aquarell „hin bekommt“.
Und jedes Jahr sage und schreibe ich wieder: Einfach machen! Ausprobieren! Probieren geht über Studieren!
Ja, stimmt.
Aber, als ich letztes Jahr hintereinander drei sehr grünzeuglastige Bilder malte, stellte ich fest, dass es doch ein paar grundsätzliche Überlegungen und Tipps gibt, die ich Dir hier zusammengefasst habe:
Farbe mischen – Den richtigen Farbwert treffen
Du kannst Dich stundenlang damit aufhalten zu versuchen genau den richtigen Farbton zu mischen. Krampfhaft versuchen, dass der Ton auf der Palette mit dem auf dem Blatt übereinstimmt.
Oder, Du kannst Perfektionismus zum Fenster rauswerfen (,i st bei dem guten Wetter doch auch schöner,) und Dich mit der ungefähr genauen Farbmischung zufrieden geben!
Niemand wird später die Originalpflanze neben Dein Bild halten und Grüntöne abgleichen.
Die Hauptsache ist, dass die Richtung stimmt. Wenn Du Dein Motiv, das Blatt, betrachtest, stelle Dir folgenden Fragen:
- Ist es getrübt, olivig, oder eher frisch, grell Maigrün?
- Ist es blaustichig oder gelbstichig?
- Verläuft es ins Rote oder Violette.
Mischen possible
Ich bevorzuge es meine Grüntöne zu mischen, statt auf vorgefertigte zurückzugreifen. Ich finde, dass ich so mehr Kontrolle über das Ergebnis habe.
Meist starte ich entweder mit einer Kombination aus Gummigutt-Gelb und einem Hauch Phatalogrün, oder auch Preußischblau mit einem Gelb Deiner Wahl.
Und dann stelle ich mir die obigen Fragen. Ist das Grün getrübt, füge ich ein bisschen Magenta hinzu. Ist das Grün gelbstichig mehr Gelb, usw.
Gerade am Anfang hilft es, verschiedene Mischungen mit verschiedenen Blautönen auszuprobieren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die einzelnen Töne wirken. Cyan macht grelles, ungetrübtes Grün, Preußischgrün trübt ein wenig, Ultramarin verleiht häufig einen Grauschleier.
Habe ich mein „Grundgrün“, den Durchschnittston des Blattes so zu sagen, lege ich verschiedene Versionen bzw. Abweichungen von dieser Mischung an.
„Grundgrün“ + Ultramarin für ein bisschen Schatten. „Grundgrün“ + Magenta für die Bereiche, die rot überlaufen, usw.
Du musst am Anfang nicht alles Vormischen, aber es hilft auf jeden Fall, alle Grünnuancen von einer Grundton-Mischung aus zu erstellen. So stellst Du sicher, dass die einzelnen Bereiche nachher auf zusammenpassen.
Meine besten Tipps fürs Grün Mischen in Aquarell findest du in diesem Blogpost: Der grüne Faden.
Licht & Schatten (Lichtwert)
Wichtiger als der exakte Farbton ist meiner Meinung nach, dass die Licht- und Schattenbereiche stimmig wiedergegeben werden.
Ich plädiere grundsätzlich dafür, dass Du Dein Motiv zumindest irgendwann mal im Original gesehen hast und idealer Weise während des Malens auch vor Dir steht. Aber, um die Lichtwerte eines Blattes gut zu verstehen hilft ein Schwarzweißfoto tatsächlich ungemein weiter.
Damit das Blatt am Ende stimmig wirkt musst Du einerseits beachten, wie Licht und Schatten insgesamt auf dem Blatt verteilt ist. Auf der Makroebene sozusagen. Also, von wo kommt die Lichtquelle, wo ist es dunkler, wo heller?
Andrerseits musst Du auf Schattenwürfe und helle Bereiche in der Binnenstruktur des Blattes achten. Jede einzelne Zelle zwischen den Blattvenen hat ihren eigenen Lichtgradienten.
Harte Kante – weiche Kante
Eine unglaublich hilfreiche Überlegung ist es auch bewusst darauf zu achten, ob helle Bereiche abrupt auf schattige Treffen (harte Kante) oder ob sie graduell ineinander übergehen.
Beispiel Wasserdost
Für das große frontale Blatt des Wasserdosts gilt beispielsweise auf der Makroebene, dass das Licht von Links kommt und durch die Wölbung des Blattes der Bereich links von der mittleren Vene dunkler ist und der Bereich rechts deutlich heller. Außerdem ist es oben dunkler und zur Blattspitzte hin heller.
Dabei ist der Übergang von Schatten zu Licht von oben nach unten graduell, der Kontrast zwischen dunkler linker Seite und heller rechter Seite aber stark (harte Kante entlang der Vene.)
Innerhalb dieses Gradienten sind die einzelnen Bereiche zwischen den Blattvenen unten immer dunkler, als oben.
Schwarzweißfotos helfen auch ungemein bei überlagerten Blätter. Hier wird der Kontrast zwischen den Blätter deutlich.
Mein Prozess
(Wie immer: Nur eine Möglichkeit…nicht der Weisheit letzter Schluss…jeder so, wie sie es mag…. 😉)
Erste Schicht
Ich lasiere zunächst das ganze Blatt, meist die gesamte Pflanze auf einen Schlag. Die erste Schicht ist so hell wie möglich, mindestens aber so hell, wie die hellsten Bereiche, wie Blattvenen oder Lichtpunkte.
Gerne variiere ich hier auch nass-in-nass den Grünton, deute also z.B. schon rötliche Bereiche an.
Wenn Vorder- und Rückseite unterschiedliche Farben haben, dann male ich diese getrennt und lasse einen Farbbereich trocknen bevor ich den anderen male, damit die Farben nicht ineinander laufen.
Zweite Schicht
Nach dem Trocknen folgt die zweite Schicht. Meist exakt der gleiche Grünton, vielleicht mit etwas weniger Wasser. Hier spare ich die hellsten Bereich aus. Das sind meistens hier die Blattvenen (Harte Kanten). (Bei glänzenden Blätter auch Glanzlichter mit weichen Kanten.)
Dritte Schicht
Wir haben jetzt die hellsten Bereiche definiert und einen mittleren Ton, wiederum nach dem Trocknen überlege ich jetzt, wo es dunkler muss.
Beim Wasserdost fange ich jetzt an jede Zelle zwischen den Blattvenen einzeln zu betrachten. Ich spare erneut ein paar feinere Blattvenen aus (harte Kanten). Ich achte bei der dritten Schicht jetzt auch darauf, dass die Licht-Schatten-Gradienten innerhalb der Blattzellen stimmen (weichen Kanten).
Während ich mich langsam am Blatt herunterarbeite werde ich kontinuierlich heller (etwas mehr Wasser).
Extreme Schatten
Häufig fehlt am Schluss noch lokal ein Hauch Schatten. Ein Strich hier und da unter den Blattvenen lassen diese erst hervorspringen.
Letzer Blick
Am Schluss ein überprüfender Blick. Stimmt das Verhältnis von Licht und Schatten. Wenn nicht, kann ich die schattigen Bereiche (z.B. oben links) noch etwas dunkler machen.
In diesem Fall fand ich den Kontrast zwischen den Blattvenen (erste Schicht) und dem Rest zu extrem. Deshalb habe ich das gesamte Blatt nach dem (gründlichen!) Trocken noch einmal vorsichten überlasiert
Beispiel: Weiße Taubnessel
Bei der Taubnessel habe ich mit einer gleichmäßigen hellen Lasur begonnen. Nach dem Trocknen habe ich die dunkelsten und kontrastreichsten Stellen gemalt. Die Oberseite der Blätter, die bei den oberen Blättern nur ein wenig zu sehen ist.
1. Schicht – Alles in Grün
Ich beginne meine meisten Blumenaquarelle mit einer dünnen Lasur. Hierzu nehme ich sehr verdünnte Farbe, mit einer Konsistenz eher wie Tee, als Milch. (Oder, eher wie Reismilch, als Mandelmilch!)
Die Farbe ist so hell, dass sie die hellsten Stellen des Blattes repräsentiert. Das heißt, dass alle Stellen des Blattes, die so hell bleiben sollen, im Folgenden frei gelassen (, also nicht wieder übermalt werden,) werden.
Wenn die Blattadern heller sind als der Rest des Blattes, werden diese also bei den folgenden Farbschichten ausgespart.
Das heißt dann übrigens Negativtechnik.
2. Schicht – Nerven freilegen
Nachdem die erste Farbschicht trocken ist, fange ich mit dem weiteren Farbauftrag an.
Für die zweite Farbschicht verwende ich die gleiche Grünmischung wie zuvor, allerdings weniger stark mit Wasser verdünnt.
Langsam arbeite ich mich vor und spare dabei die prominentesten Blattadern aus.
3. Schicht – Es wir dunkel
Erneut muss die darunterliegende Schicht erstmal trocknen, damit Du das gewünschte Maß an Genauigkeit erreichen kannst und die Farben nicht in einander laufen.
Jetzt wiederholst Du den gleichen Prozess wie zuvor, nur dass Du eine zweite Ebene an Blattvenen freilässt.
Hier kannst Du dann auch einen dunkleren Grünton verwenden, der dem gewünschten Endergebnis am nächsten kommt.
Dieser Schritt ist nicht immer nötig, aber bei de Taubnessel sind die stark verzweigten Blattadern natürlich ein herausstechendes Merkmal.
Blätter so detailliert dazustellen ist ein langwieriger Prozess, es Bedarf Geduld und eine ruhige Hand.
Wer Blätter detailliert malen möchte, muss genau hinschauen. Sind die Blattvenen hell? Sind sie dunkel? Wo liegen die Schatten? Ist der Oberfläche glatt und hat helle Glanzlichter und starke Hell-Dunkel-Kontraste, oder ist sie eher matt?
Schlussworte
Wenn Du jetzt das Gefühl hast, dass Dir der Kopf schwirrt, und Du nie und nimmer alles auf einmal beachten kannst. Keine Sorge. Je öfter Du es machst, desto automatischer triffst Du diese Entscheidungen.
So ähnlich wie Schalten beim Autofahren. Am Anfang musst Du jedes Hoch- und Runterschalten bewusst beschließen, später passiert das ohne große Bewusste Entscheidung.
Ein außerdem wichtiger Punkt ist auch, dass diese Art zu malen, eine echte Geduldsprobe ist. Du arbeitest Dich langsam von Blatt zu Blatt vor. Schicht um Schicht, Blattvene um Blattvene.
Wenn ich das Lust zu habe, macht sich bei mir ein Gefühl von Ruhe breit. Geradezu meditativ. Entspannung pur.
➡️ Hier findest du eine detaillierte Video-Anleitung inklusive Motivfoto zum kostenlos herunterladen von einem Knoblauchrauke Blatt.
Frei nach dem Motto:
Blattnerven malen ohne Nervenzusammenbruch!
Gänseblümchen in Aquarell
Kostenlose Video Anleitung
Es geht nicht darum schon perfekt malen zu können.
Es geht darum zu starten.
Du brauchst kein Talent, nur den Mut es zu probieren.
– Alles andere zeige ich dir.
Wieder sehr informativ und hilfreich! Für das detaillierte malen hab ich nicht die Geduld, aber die Blätter mit einem Pinselstrich, das werde ich auf jeden Fall ausprobieren!
♥lich Claudia
Hallo Claudi, dankeschön :)
Danke für die neuesten Anwendungsbeispiele liebe Gesche. Sie sind wirklich sehr brauchbar für mich und helfen mir herauszufinden, was denn so meins ist. Es ist sehr hilfreich.
Herzlichst Monika
Hallo Monika, entschuldige die späte Antwort. Freut mich, dass die Beispiele dich weiterbringen.
LG; Gesche
Danke für die tollen Tipps, ich hab mich immer gefragt, wie man vorgeht,wenn man die einzelnen Blattadern in Auquarell darstellen möchte.
Liebe Grüße!
Hallo, entschuldige die späte Antwort, freut mich, dass die Beispiele dir weiterhelfen. Ich finde deine Blumen (mit Blatt) Illustrationen auch immer toll.
LG, Gesche
Ich bin hin und weg! Das sieht so unfassbar toll aus!
Hallo,
da laufe ich glatt rot an :) Dankeschön.